Die Mutter des dysfunktionalen Denkens ist wohl der Spruch, den wohl alle bis in die 80er hinein sozialisierten Kinder reingedrückt bekamen: „Iss auf, in Afrika hungern die Menschen“. Ja tun sie das denn nicht mehr, wenn ich mir eine Essstörung zulege? Nützt oder hilft das irgendwem? Das Einzige Feststellbare ist, dass ein Kind lernt, mehr zu essen, als ihm gut tut, und ein schlechtes Gewissen zu entwickeln, wenn es das nicht tut.
Übrigens hatte dieser Spruch vor der Entdeckung Afrikas als Ziel unseres Mitleides einen Vorgänger (der weiterhin abwechselnd gebraucht wurde), da sollte man aufessen, damit es am nächsten Tag schönes Wetter gäbe. Geholfen hat das wohl weniger, allerdings wäre man ja möglicherweise schuld am schlechten Wetter gewesen, wenn man nicht aufgegessen hätte – ob ein Kind das riskiert? Auch hier kein positiver Effekt, nur der Weg in eine Schädigung der Gesundheit des Kindes.
Irgendwie scheint das die Generation geprägt zu haben, die jetzt das Sagen hat. Man tut etwas, aber das hat gar nichts oder wenig mit dem Problem zu tun und schadet noch der Sache. Niemand macht sich noch Gedanken, ob etwas den Zweck erfüllt, dem es primär dient. „Iss auf, damit das Wetter schön wird“.
Wir müssen Energie sparen. Ok, Glühbirnen sind völlig ineffektiv, machen wir was anderes. Bauen wir komplizierte Hightech-Mini-Leuchtstofflampen, die voller hochgiftiger Stoffe sind und zum Sondermüll müssen, nicht dimmbar, das 100-fache kosten und empfindlich auf ein-. und ausschalten reagieren. Dafür gibts dann einen um 10% besseren Wirkungsgrad und eine bescheidenen Lichtqualität. Kauft keiner? Dann zwingen wir eben dazu, in dem wir die bisherigen Leuchtmittel verbieten. Der Umweltbilanz hilft das nicht, die Leuchtmittelindustrie hat einen neuen Absatzmarkt geschenkt bekommen. „Iss auf, damit das Wetter schön wird“.
Ein weiteres schönes Beispiel war die Abwrackprämie für PKW. Da haben dann Leute ihren 3-Liter Lupo gegen ein 8 Liter saufendes SUV eingetauscht, das alles im Namen der Umwelt und subventioniert von der Allgemeinheit. Gleichzeitig hat das auch noch den Gebrauchtmarkt kaputtgemacht, weil das Angebot der Fahrzeuge, die sich auch der ärmere Anteil der Bevölkerung (oder der, der ein Fahrzeug zum Fahren und nicht zum Angeben braucht) leisten konnte, auf Steuerkosten wegverschrottet wurde. Gebracht hat das in erster Linie der Automobilindustrie etwas, die sich nach dem Ende der Aktion auch prompt über Umsatzeinbrüche beschwert hatte. „Iss auf, damit das Wetter schön wird“.
Seit etwa zwanzig Jahren sind PCs Bestandteil des Alltags und nicht mehr wegzudenken. Funktionieren tun sie für einen kleinen Teil der Nutzer. Die meisten sind gefangen im Unverständnis zwischen halb Funktionierendem und der Frustration, ständig mit neuen Herausforderungen konfrontiert zu werden. Dass mit dem Ding eigentlich Arbeit erledigt werden sollte, tritt dabei völlig ins Hintertreffen. Insbesondere ein Betriebssystem aus Redmond hat durch seine marktbeherrschende Stellung dafür gesorgt, dass die Vorstellung, wie ein PC zu bedienen sei, in dem Köpfen zementiert wurde und andere, einfachere Konzepte sich erst langsam durchsetzen. Leute, welchen Sinn macht ein Startmenue mit dreifach verschachtelten Einträgen? Wieso muss ich wissen, wo das Program abgelegt ist? Ich will es doch nur benutzen. Ok, ballert man sich alles auf den Desktop, sieht bei den meisten aus wie bei Messies in der Bude. Übersicht geht anders. Die Desktopmetapher war schon anfangs Mist (Dokumentenstapel auf dem Schreibtisch sind nicht übersichtlich), da gehört nur das hin, was zum gerade bearbeiteten Vorgang gehört (reminder 2 myself: Schreibtisch aufräumen ;-)) – alles andere gehört ins Regal/Archiv. Genauso auf dem PC. Aktuelle Dinge auf den Desktop, alles andere weg. Serviceprogramme und Tools sind in einer Schnellstartleiste/ einem Dock besser aufgehoben. Ubuntu macht da mit Unity etwas richtig: Tippe ich im Dash „schreiben“, schlägt es mir vor, die Textverarbeitung zu starten, Tippe ich „Internet“, bekomme ich meine Browser und meinen Instant Messenger zur Auswahl. Ich muss nur noch wissen, was ich will, nicht mehr, wo es ist. Aber das benutzt ja auch wieder niemand. „Iss auf, damit das Wetter schön wird“.
So, jetzt hab ich mich überfressen und gehe k….