Weder frei noch wild – Glaube, Liebe, Heimat statt Rock and Roll

power of rock
power of rock

Eigentlich wollte ich mich da raushalten. Weil es mich nur nervt. Weil wir das alles schon mal hatten. Aber nun schwappt immer mehr davon in meine Facebook-Timeline, immer mehrere Menschen beziehen Stellung – und das häufig unreflektiert. Das Frei.wild-Thema lässt die Emotionen hochkochen.

 

Frei.wild und die rechte Ecke.

Frei.wild distanziert sich von der NPD, lässt „Nazis raus“ skandieren. Im gleichen Atemzug wird sich aber auch von Antifaschisten, „Gutmenschen“, Grünen und anderen distanziert. Jeder Distanzierung nach rechtsaussen folgt im gleichen Atemzug eine Distanzierung nach links. Gleichzeitig wird in jedem Statement eine vermeintliche Opferrolle betont – ein gängiges Muster der Rechtsextremen.

Frei.wild bezeichnen sich selbst als unpolitisch, transportieren aber in ihren Texten ultranationalistische Inhalte. Der Frontmann Philipp Burger war vorher Mitglied der Rechtsrockband „Kaiserjäger“ und der südtiroler rechtspopulistischen Partei „Die Freiheitlichen“. Noch 2008 sollten Frei.wild auf einer Veranstaltung dieser Partei auftreten. Erst Fanproteste verhinderten das, heute distanziert sich Burger sowohl von seiner Kaiserjäger-Vergangenheit als auch von den Freiheitlichen.

 

Die Botschaft.

Schaue ich mir die Songtexte an, wird mir schlecht: „Gutmenschen und Moralapostel“ ist eine Pauschaldiffamierung aller, die es wagen, anderer Meinung zu sein – inhaltlich wird keine feste Position bezogen, sich nicht mit anderen Ansichten auseinandergesetzt, nur Hass gepredigt.

In „Das Land der Vollidioten“ geht es im gleichen Stil weiter: „Kreuze werden aus Schulen entfernt, aus Respekt Vor den andersgläubigen Kindern„. Respekt wird eingefordert, aber nur für die eigene Kultur und Tradition. Immigranten und Andersdenkende haben die Klappe zu halten oder zu gehen. Das Ganze gipfelt im manifestartigen „Wahre Werte“ [ zu einem Bekenntnis zu „Heimat heißt Volk, Tradition und Sprache„. „Sprache, Brauchtum und Glaube sind Werte der Heimat – Ohne sie gehen wir unter, stirbt unser kleines Volk“ – auch hier wieder reaktionäre Botschaften, verpackt in aufmüpfigen, harten Sound.

Kritiker sollen gehen, werden als Gutmenschen verunglimpft. Die Band sieht sich als „authentisch“ an und diffamiert Andersdenkende, statt sich inhaltlich mit den Vorwürfen auseinanderzusetzen. Das Wir-gegen-alle-Gefühl mit den Fans ersetzt die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Inhalten.

 

Rock and Roll.

Seit längerem hat eine „neue deutsche Härte“ in der Rockmusik einen gewissen Erfolg. Was bei Rammsteins Kombination von Riefenstahl-Ästhetik, simplen deutschen Texten und dem Unvermögen, Offbeats zu spielen, marschiert, statt zu grooven, kann immerhin ironisch gebrochen verstanden werden. Wobei ich mit da bei Till Lindemann nie sicher bin, wie er selbst das wirklich sieht. Vielleicht ist das aber genau seine Absicht ;-).

Tragisch wird es dann, wenn sich solche Bands bitter ernst nehmen. Mit harter Rockmusik reaktionäre Botschaften, zu Heimatliebe, Kirchgang und Treue? Wirklich? Im Ernst? Leute, Rock ist Sex und Drogen, Freiheit, Selbsterfahrung, Überwindung von Grenzen. Aufbegehren gegen alte, überkommene Werte. Multikulti. Elvis hörte schwarzen Blues, die Beatles waren in Indien.

Das passt nun wirklich nicht zusammen, das tut weh. Das groovt nicht, das marschiert. Das ist das Ende der Rockmusik, die Rolle rückwärts. Danach ist nur noch Schweigen. Und *das* nehme ich der Bande um Burger wirklich übel :-(.

11 Gedanken zu „Weder frei noch wild – Glaube, Liebe, Heimat statt Rock and Roll

  1. Wo bitte ist G&M eine Pauschaldiffamierung aller die anderer Meinung sind? Da hat wohl jemand den Text nicht gelesen/verstanden… Sei mir nicht bös, aber das ganze Statement ist Blödsinn und das sag ich als Nicht-Freiwild-Anhänger der das Zeug aber offenerweise wenigstens anhört bevor er solchen Unsinn verbreitet!

    1. Ich habe bist zum Brechreiz Texte gelesen, was Du an der Verlinkung sehen kannst, und auch in die Musik reingehört.
      Die Pauschaldiffamierung setzt schon in der Wortwahl an, „Gutmenschen“ sind der Feind – aber nirgends wird gesagt, was sie dem Protagonisten getan haben. Das sind Klischees und rethorische Figuren, wie sie Rechtsextremisten benutzen. Dann weiter: In der Distanzierung gegen Rechtsextremismus auf der Demo gegen den NPD-Stand (die ich dem Grunde nach akzeptiere) kommt im gleichen Satz eine Distanzierung gegen Linksextremismus und anschließend eine Verteidigung, man bete nicht das grüne Parteiprogramm nach, also eine Abgrenzung gegen liberale Politik.
      In den Texten ist überall Blut und Boden – Mentalität – „Unser Land“, „Unsere Kultur“. Land und Kultur ist immer ein Kompromiss all derer, die darauf leben müssen oder wollen.
      Solange Burger nicht eine Distanzierung gegen Rechts hinkriegt, bei der er nicht gleichzeitig sagt, auch gegen wer weiss was zu sein, bleibt er nicht beim Thema und relativiert Rechtsextremismus.

  2. nein, ich finde du bist die Seite die pauschalisiert, z.B. Zitat: „Das sind Klischees und rethorische Figuren, wie sie Rechtsextremisten benutzen“

    Ich selbst stehe ganz klar auf der „antifaschistischen Seite“ , rechtsextremes Gedankengut ist für mich das letzte, genauso verachte ich aber Linksextremismus, leider wird immer zu stark in Schubladen gedacht. Ich habe Freiwild auch immer belächelt, Naziband usw… aber hallo, wenn man sich mal ein bisschen Zeit dafür nimmt, wird man schnell feststellen das es eigentlich eine „Punkband“ ist, mal mit etwas sinnvolleren Texten ohne stumpfe staatsfeindliche Parolen, ohne sexistisches Geschwafel, ohne Sauflieder. Für mich ist Freiwild mittlerweile eine tolle Band, guter Deutschrock, gesellschaftskritisch, aber leider mit vielen dummen Fans, leider, wer früher auf Onkels stand, hört jetzt Freiwild, traurig, aber ist wohl so. Zumindest sind Onkels jetzt nicht mehr so präsent.

    Gesunden patritismus lasse ich mir eingehen, im Bierzelt schunkeln auch alle zu altem Liedgut, bei der WM darf auch jeder die Deutschlandfahne schwingen und auf Deutsche Autos darf auch jeder stolz sein. Wenn aber mal ein Musiker dafür aufsteht, gilt er gleich als Rechtsextrem. Und Slimes „Deutschland muss sterben“ wird weiter vergöttert. Jaa, da richtet Elf und Co sich gegen die Regierung und Gesellschaft. Wenn jetzt Freiwild für eine tolle Region einsteht, sich für die Umwelt, für die Tradititionen und die Menschen einsetzt und Mitbürgern egal welcher Herkunft, die eh nur ständig schimpfen, anbietet „wenn ihr euch ihrer schämt könnt ihr sie doch verlassen“, was bitte ist daran verwerflich?

    1. „rechtsextremes Gedankengut ist für mich das letzte, genauso verachte ich aber Linksextremismus,“
      Genau das ist ja auch Burgers Argumentation. Wenn ich dich frage, ob du Bier magst, sagst du auch nicht reflexartig im gleichen Satz „aber Apfelsaft mag ich natürlich auch“. Dieses Nicht-beim-Thema bleiben ist typisch für rechtsextreme Argumenationen und auch für Burger – ohne dass ich jetzt damit sage, dass jeder, der so argumentiert, rechtsextrem ist. Burger verwendet in seinen Aussagen einen halben Satz für die Distanzierung gegen Rechts und zweieinhalb Sätze für die Distanzierung von linken oder liberalen Positionen. Darüber kann man andermal reden. Wenn es um Distanzierung gegen Rechtsextremismus geht, dann möchten bitte alle beim Thema bleiben, das ist zu wichtig.

      Und Slimes “Deutschland muss sterben” wird weiter vergöttert
      Da kann man mit Sicherheit geteilter Meinung zu sein, ist aber nicht das Thema an dieser Stelle.
      Slime haben nie behauptet, unpolitisch zu sein ;-), Frei.wild tun das ständig. Das ist ein Täuschungsversuch, wer Songs wie „Wahre Werte“ schreibt, ist politisch – egal jetzt, wie man inhaltlich dazu stehen mag.

      Wenn jetzt Freiwild für eine tolle Region einsteht, sich für die Umwelt, für die Tradititionen und die Menschen einsetzt und Mitbürgern egal welcher Herkunft, die eh nur ständig schimpfen, anbietet “wenn ihr euch ihrer schämt könnt ihr sie doch verlassen”, was bitte ist daran verwerflich?
      Auch Menschen italienischer Herkunft haben ein Recht, sich in Südtirol wohl zu fühlen. Auch Menschen, die nicht religiös sind, haben ein Recht, dort zuhause zu sein. Liberaler wäre das Land noch viel toller, und den „Traditionellen“ würde nichts genommen. „Geht doch“ zu sagen ist eine Stufe vor „Ausländer raus“. Wer sagt denn, dass diese Menschen ihr Land nicht lieben? Wer sagt denn, dass sie nicht auch das Wohl der Gemeinschaft im Sinn haben? Stattdessen werden sie als „Gutmenschen“ (ein von Rechten erfundener Begreiff, um Menschen zu diffamieren, die an das Gute im Menschen glauben und Humanisten sind) beschimpft, als Heuchler denunziert und aufgefordert zu gehen. Das Muster ist wieder sehr stark jenes, welches Rechtsextreme verwenden.

  3. Zitat:“rechtsextremes Gedankengut ist für mich das letzte, genauso verachte ich aber Linksextremismus,”
    Genau das ist ja auch Burgers Argumentation. Wenn ich dich frage, ob du Bier magst, sagst du auch nicht reflexartig im gleichen Satz “aber Apfelsaft mag ich natürlich auch”.

    Eieiei, ganz mies. Die Frage sollte vielleicht eher lauten: Trinkst du Alkohol? Nein, weder Bier noch Wein! Es mag sein, das dieser Schwenk zur Gegenseite bewusst gemacht wird. Gerade bei Wahre Werte kommt es mir wie eine Art Rechtfertigung vor. Wenn ich mich zwischen Links und Rechts entscheiden müsste, würde ich mich wohl in die Mitte stellen, aber dennoch klar von Rechtsextremismus distanzieren, weil das was mit Menschlichkeit und nichts mit Politik zu tun hat

    Zitat: Slime haben nie behauptet, unpolitisch zu sein , Frei.wild tun das ständig. Das ist ein Täuschungsversuch
    Falsch. Was hat Patritismus mit Politik zu tun? Wenn ich mich mit meiner Heimat verbunden fühle, für sie nur das Beste will (nettes Beispiel: Donau gestaut, Heimat versaut)? Stolz kann ich auf sie nicht sein, ich hab ja relativ wenig für sie getan 😉 Ich finde Bayern, meine Heimat, ganz toll, das darf jeder wissen, bin ich jetzt ein Nazi?

    Zitat: Geht doch” zu sagen ist eine Stufe vor “Ausländer raus” – Nee, dieser Song richtet sich m.M. nach in keinster Weise gegen Mitbürger anderer Herkunft. In diesem Song dreht es sich um genau diese Typen die eben Phrasen ala Deutschland muss sterben propagieren, dahr auch mein Schwenk zu Slime. Vor zehn Jahren hätte ich Freiwild dadurch auch als dumme Nazis betitelt. Mittlerweile denke ich über diese Idioten (ich war auch so, in meiner Jugend) eigentlich genau dasselbe. Was hindert einen eigentlich daran zu gehen, wenn doch hier alles so scheiße ist.

    Gutmenschen: ich weiß ja nicht was daran schwer zu verstehen ist. Hab den Text jetzt nochmal durch. Ich kann einfach nicht verstehen was in diesem Text pauschalisiert. Beispiel dritte Strophe: Ich denke es ist nicht schwer zu erkennen das es hier in erster Linie um eine handvoll Funktionäre der Kirche geht. Der Song pauschalisiert nicht, er richtet sich einfach gegen die schwarzen Schafe die es in Politik, Kirche, Wirtschaft und Gesellschaft nun leider gibt.

    So, bin dann mal weg, hab auch noch ein Leben 😉

  4. ich mag einige der gruppen die sich in die Kategorie „neue deutsche Härte “ stecken lassen,ich gehe dabei danach wie mir einzelner Song gefällt und nicht weelch ein Image die Band an sich hat,ich mag weder rechtslastige noch zu links gerichtete Lieder, bands wie Berseker oder auch die jungs von Haudegen und broiler die ja ebenfalls in diese Kategorie fallen mag ich z.b. sehr.

  5. Also ich finde diesen ganzen Trubel momentan um die Band einfach nur ätzend, sollen die doch Ihre Musik machen und gut ist! Wenn die über irgendwelche Stränge schlagen wird sich der Verfassungsschutz schon bei den Herren melden.

    1. Der Begriff „Gutmensch“ ist ein rechtsextremer Kampfbegriff, um Humanisten zu schmähen. Wer den verwendet, hat entweder nichts verstanden oder ist selbst rechts – such Dirs aus …
      Martenstein denkt selbst am rechten Ende und ist alles andere als eine Referenz. Der unappetitliche Geschmack des Ganzen bleibt …

      1. Interessant Martenstein wird von Dir als Rechts betrachtet und kein Wort zu SpiegelTV. So ist das eben bei euch Gutmenschen. Natürlich ist das Spiegel Magazin auch Rechts! Genauso alle, die nicht Deinem „merkwürdigen humanistischen“ Weltbild entsprechen. Wenn die Argumente ausgehen wird Nazikeule bemüht. ……. langweilig……gähn.
        Lesen schafft Klarheit. Gutmensch: http://www.duden.de/rechtschreibung/Gutmensch

      2. Der Duden sat doch, dass es abwertend gemeint ist. Das Zitieren und verlinken einer explizit antifeministischen Plattform, die in – wieder typisch rechsextremer Taktik – Männer als Opfer darstellt, belegt auch gar nichts. Den Link editiere ich raus, das geht mir zu weit.
        Der Stern ist per se nicht rechts. Das habe ich nie behauptet. Martensteins wissensfreie Meinungskolumne ist es aber, zuindest ihrer Wirkung nach. Er benutzt die gleiche perverse Dialektik, die auch WikiMANNia benutzt und die Täter zu Opfern stilisiert: http://www.taz.de/!113393/, http://www.stefan-niggemeier.de/blog/harald-martenstein-sieht-sich-als-opfer-der-opfer/.

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