Konservativ kommt von conservare, bewahren, konservieren. Konservative Parteien stehen nach aussen für Bewahrung von Traditionen und überkommenen Lebensweisen. Aber wie äussert sich das im politischen Alltag?
Lippenbekenntnisse zur Wertschätzung von Familie, Glaube und Sitte stehen einer faktischen Zerstörung der Lebensgrundlagen entgegen, Deregulierung und Entfesselung erzeugen einen Veränderungsdruck und eine wachsende Unsicherheit.
Einer kompletten Deregulierung der Wirtschaft steht eine Verweigerung entgegen, gesellschaftliche Veränderungen zur Kenntnis zu nehmen. So wird der Bevölkerung die komplette Last der Veränderung aufgebürdet – Kinder sollen von Ehefrauen erzogen werden, dass diese inzwischen einer Erwerbsarbeit nachgehen wollen oder müssen, kommt im Konzept nicht vor. Schulen sollen „Werte“ vermitteln, auf das Tempo der Veränderungen und neue Techniken reagieren sie nicht oder zu spät.
Wenn der Staat etwas unternimmt, dann repressiv (mehr Polizei, mehr Überwachung und Kontrolle) statt unterstützend (Weiterbildung, Sozialarbeit, Streetwork).
Vorgeblich zielen Konservative auf den Mittelstand – Leistung soll belohnt werden, Bestehendes geichert werden. Die seit der „Wende“ 1982 in Deutschland praktizierte Politik begünstigt aber nicht den Mittelstand und bewahrt ihn, sondern begünstigt Konzentration und Großkapital. Für Mittelständler wird es immer schwerer, ihren Besitzstand zu wahren, sie können dem raschen Wandel der Bedingungen immer weniger folgen und werden „abgewickelt“. Sozialer Abstieg und Verarmung sind die Folge, dadurch ein weiteres Absinken der Binnennachfrage und eine Verschärfung der Krise. Immer mehr Aufwand muss betrieben werden, um überhaupt mitspielen zu können, an Aufstieg ist da nicht zu denken – die Angst vorm Abstieg ist Motor statt Aufstieg als Belohnung. Zusätzlich wird Abstieg immer gefährlicher, das Risiko steigt.
Zusammenfassend ergibt sich, das wirklich konservativ orientierte Wähler seit Jahrzenhnten konsequent gegen ihre Interessen wählen. Sie bekommen eine gegen ihre ureigenen Interessen gerichtete, destruktive Wirtschaftspolitik kombiniert mit einem repressiven, die Initiative behindernden Staat.
Auch dieses Posting kann im Kontext meiner losen “Parteien vor der Wahl” – Reihe gelesen werden. Artikel zu den Piraten, den Grünen, zur SPD und zur FDP sind schon veröffentlicht.
Ich finde es kommt ganz drauf an, was man unter Tradition versteht. Ein sehr schönes Zitat aus diesem Bereich stammt von Thomas Morus: „Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme.“
Danke für den schönen Artikel. Von Natur aus klammert sich der Mensch an erfolgreiche und bewährte Handlungsgerüste („Never change a winning team“). Nur wenige Politiker besitzen aber die Fähigkeit, dass sinkende Schiff rechtzeitig zu verlassen. Beispielsweise ist die Finanzindustrie dermaßen dereguliert, dass schleunigst regulierende Reformen einzuleiten sind. Die Politiker sträuben sich jedoch dagegen, schließlich schwimmt das „Schiff“ mehr oder weniger. Aber jeder von ihnen weiß ganz genau, dass der Finanzsektor in seiner maßlosen deregulierten Form den Teufel in sich trägt und eines Tages alles zerstören könnte.
ich glaube es hat weniger mit Konservativen traditionen zu tun als es oft auf den ersten blick scheint,oft fehlt die Idee oder der Mut wie sich neues auch realistisch umsetzen lässt .
Ich denke auch die Konservativen sind wichtig, aber zu viel von einer Sache, macht so gut wie alles schlecht. Auf die Mischung kommt es auch in der Politik an und ein paar Konservative braucht man auch da. Aber aktuell sind es meiner Meinung ganz klar zu viele.
Ich finde auch das es darauf ankommt, wie „konservativ“ definiert wird.
Oft wird es von Gruppen vereinnahmt die ihre Vorteile sichern und den Status festschreiben wollen.
Geht es um Werte (ebenso eine Definitionsfrage) kann ein Konservativer ziemlich revolutionär wirken.