Ein Platz, sich zu finden
Das Internet und soziale Netzwerke sind eine der großartigsten Errungenschaften unserer Zeit. Nie war es so einfach, die Begrenzung von Raum und Zeit zu überwinden, um Gleichgesinnte zu finden, zu diskutieren, sich zu organisieren und zu engagieren. Wir haben das tollste Werkzeug der Menschheitsgeschichte, den feuchten Kommunikationstraum unserer Vorfahren – aber was machen wir damit?
Was ein Dorfkind nicht sagt …
Wie Pilze schiessen sie aus dem Boden – Facebook-„Communities“, Fanseiten.
Mit Namen wie „Frauen mit Stil hinterlassen Kratzspuren, nicht Knutschflecke“, „Ich habe mich umgesehen, wir sind die Geilsten hier“, „Das ist schmutzig, falsch und höchst verwerflich – ich bin dabei“ oder ganz neu „Was ein Dorfkind nicht sagt“ geht man auf Like-Jagd.
Schaut man sich die Seiten an, erwartet einen eine Serie an Platitüden, alten Witzen und noch älteren Zitaten, die dann noch in Bilder verpackt werden. Das Konzept läuft – die Timeline ist überschwemmt von „Bildchen“, die wenig mehr als formatierten Text enthalten und damit ohne Notwendigkeit die Datenmengen vervielfachen. Warum schreibt man Text nicht einfach als Text hin? Warum als Bild, wenn keine zusätzliche Information übermittelt wird? Hier wird die Technik vergewaltigt, gegen jede Logik und Intention missbraucht, Datenvolumen für nichts verschwendet. Ornament um des Ornamentes Willen, gegen jedes gute Design, Form follows Dysfunction. Digitales Rokoko ohnegleichen.
Zusätzlich zur technischen Unsinnigkeit fällt die inhaltliche Belanglosigkeit der ganzen Veranstaltung auf. Wie die Texte von Peter Maffay sind die Sprüche so platt, dass sie um ein Maximum an Zustimmung heischen. Dumme Sprüche und falsche Zitate in einem fröhlichen Reigen, alles ja so schön bunt hier. Frech wirken, aber nichts riskieren. Comedy statt Kabarett, Witzchen statt Satire und bloß nicht den common sense verletzen. Könnte ja Likes kosten, eine Meinung zu vertreten, wirklich etwas zu sagen, Widerspruch herauszufordern.
Die Jagd nach Likes, die Sucht, allen zu gefallen, die Hoffnung, aus einer populären Fanseite Einkommen ziehen zu können, treibt die selbsternannten Hirten an und die Schafe folgen, liken und teilen. So gehen das Potenzial und die Möglichkeiten des Netzwerkes unter im Sumpf der Belanglosigkeit, im Datenmüll der tausendfach geteilten Sinnspruchbildchen.
… wobei ich „Katzen – die Erfinder des Internets“ nur empfehlen kann 😉
Aber im Grunde hast Du SEHR recht. Gerade eben empfahl mir Facebook die Seite „Manchmal, wenn mir langweilig ist“. Die Seite strotzt dermaßen vor Plattitüden, dass ich mir lieber ne Axt ins Bein haue, wenn mir langweilig ist, als den Kram zu lesen.
Weiter so. Es macht Spaß, Deinen Blog zu lesen.
Liebe Grüße
Christina
Fairer weise muss ich sagen das ich bei der Dorfkind Seite Fan bin und Like und Poste – „Was macht denn dieser Freilaufende Hund hier“ oder „Lass uns einen Elektrogrill nehmen“ sind einfach schöne sachen die ein Dorfkind nicht sagt und so wahr.
Das Stadt Pandon gibts auch „Guck mal da brennt ne Mülltonne“
Schuldig und erwischt…
Mit den freundlichen kleinen Bildchen würde ich nicht so arg ins Gericht gehen. Tratsch, Klatsch und schlechte Witze gehören meiner Meinung nach zu dem Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält. Eben dieses Zusammengehörigkeitsgefühl wollen die Leute so ja erzeugen – außerdem bekommen die User so einen Gesprächseinstieg, wenn sie sich offline treffen. Was ja hin und wieder auch mal vorkommen soll: „Hast Du das lustige Katzenbild gesehen?“ – „Ja, voll süß.“
Klar, es ist harmlos, wenig tiefsinnig und massenkompatibel. Aber das macht Bildchenteilen ja nicht gleicht schlecht.
Recht hast du!
Bekomme ständig sinnlosen Spam, Werbung und Anfragen auf Facebook, was echt zu weit geht. Manch einer verbringt den halben Tag vor Facebook! Schlimm sowas :O
Die Spinnennetzbilder-Idee finde ich Klasse 😉
Lg Jens
So schnell wie diese Trends entstehen, so schnell sind sie aber auch wieder verschwunden. Ein paar Tage findet man Sprüche, Bilder und Zitate an jeder Ecke und von einem Tag auf den nächsten ist wieder Schluß. Richtig nachhaltig war bisher kaum ein Thema.
Ich sehe das auch nicht so eng. Der nächste bescheuerte Trend kommt bestimmt. 😉
Aber was könnte ein neuer Trend werden? Ich habe schon etwas Angst davor, dass bald jeder mit so einer Google-Brille durch die Gegend rennt und dass immer mehr das Gefühl des Menschlichen verloren geht. Ist ja jetzt schon krass, wie viele Leute nebeneinander sitze und mehr mit den Smartphones daddeln, anstatt sich zu unterhalten…
Ich habe mich sehr spät bei StudiVZ angemeldet, verschulden tue ich dies dem Studium da viele Kommilitonen sich darüber ausgetausch haben, aber so richtig aktiv war ich da nicht. Mir gefiel es da auch nicht, für mich hatte es nur einen einzigen Mehrwert: Austausch mit den Studis. Als FB immer zentraler wurde, dass ist ja nichts anderes als StudiVZ mehr oder weniger besser und größer, bin ich nicht auf den Zug gesprungen.
Ich bin auf Google+ aktiv, was der Grund ist? Es mag ja platt klingen aber die User auf Google+ sind keine einfache Personen, dieses Netzwerk wird auch nicht für Freundschaften, Verwandten & Co verwendet, sondern viel mehr für Austausch & da sind eher netzaffine zu treffen. Man findet da auch keine solche dummen Communities wie von dir erwähnt. Ich hoffe es bleibt auch auf dem Niveau.