Ein paar Gedanken zu gestern, heute und morgen
Als ich angefangen hatte, mich mit dem Internet zu beschäftigen, suchte man Informationen oder orientierte sich über Web-Portale nach Interessengebieten. Man ging ins Netz, wenn man etwas suchte. Das konnte eine Ware sein, eine Information, ein Rat. Man landete in einem Webshop, einer Bezugsquelle, einer Nachrichtenseite oder einem Blog, einer Hilfeseite oder einem Forum.
Immer stand aber am Anfang das Interesse an etwas, das zielgerichtete Suchen.
Manchmal fand man dann in Foren Gleichgesinnte und blieb. Manchmal ging man wieder, wenn sich die Interessen veränderten, manchmal blieb man, wurde aktiver, Teil der Community, lernte möglicherweise seine Mitforis persönlich kennen und es entstanden Freundschaften. Viel entstand auch im gemeinsamen Meistern der Technik und ihrer Tücken. Gut, Onlinezeit wurde in Minuten abgerechnet und war teuer, Berieselung war einfach nicht finanzierbar. Der Nutzer ging gezielt rein und wieder raus, wenn er hatte, was er wollte.
Irgendwie ist das Suchen aus der Mode gekommen. Man lässt sich berieseln, Informationen werden getickert. Man schaut bei iBood, ob man brauchen kann, was gerade „Deal des Tages“ ist, statt auf die Suche zu gehen, wenn man etwas bestimmtes braucht. Man lässt sich in Social Networks die Themen liefern, die besprochen werden, nimmt auf oder lässt vorbeiziehen. Ich glaube, dass viele, die in Social Networks aktiv sind, nicht wissen, wie man mit einer Suchmaschine umgeht. Das macht mich traurig, weil gerade das selbst aktiv werden, das seine eigenen Themen suchen das faszinierende an diesem Medium ist – sich nicht berieseln lassen (weil ich das nicht will, schaue ich seit ca. 20 Jahren nicht mehr fern), sondern punktgenau, in genau der gewünschten Tiefe die Information finden, die ich jetzt will.
Trotzdem hat sich auch meine eigene Nutzung verändert – ich lasse vieles tickern, nutze Social Networks, filtere aber sehr sorgfältig. Das Netz ist immer präsent, der Computer wird sehr selten ohne genutzt. Vieles macht ohne Netz auch überhaupt keinen Sinn mehr.
Ich kann aber immer noch suchen und finden. Oder die Streams eben nicht abrufen, einen Tag offline sein.
Einen Vorteil des „always on“ sehe ich darin, dass über Social Networks sehr einfach mit Menschen Kontakt gehalten werden kann, die sonst immer wieder aus dem täglichen Ereignishorizont verschwinden. Auch lassen sich wunderbar einfach Dinge organisieren, planen und umsetzen, Bilder zeigen und Daten austauschen – darauf möchte ich ungern verzichten.
Im nächsten Schritt befinden wir uns gerade: Das Netz hat die Schreibtische und Internetcafes verlassen, man kann es immer bei sich tragen. Der Netzzugang wird zum selbstverständlichen Accessoire, so wie sich vor 20 Jahren das Telefon vom stationären Apparat zum Immer-dabei-Gerät wandelte. Gerade dieser Apparat hat sich dabei zum Universalaccessoire entwickelt hat, der die Kommunikatoren und Tricorder aus dem Raumschiff Enterprise unserer Kindheit an Coolness längst hinter sich gelassen hat. Telefon, Wecker, Stoppuhr, Navigation, Diktiergerät, Mail, Fotografieren, Musik hören, lesen – es gibt fast nichts, was man damit nicht machen kann. Vieles können spezialisierte Geräte noch deutlich besser, dafür hat man sie aber nicht so leicht immer dabei.
Die Gefahr ist dabei, dass wir die durch die PCs geschaffene Plattformunabhängigkeit aufgeben und uns in proprietären Subnetzen verfangen, wo unsere Möglichkeiten von den Interessen der Harsteller abhängen.
Die Computerwelt wurde von Menschen wie Richard Stallman und Linus Torvalds davor bewahrt, die genau das verhindert haben. Freie Betriebssysteme, Open Source Software und offene Standards ermöglichen eine ungeheure Produktivität, Kreativität und Freiheit im Weltennetz.
Die Smartphones und ihre Plattformen sind der Backlash der Industrie, die mit geschlossenen Systemen, eigenen Appstores und proprietären Apps die Kontrolle zurück wollen. Es wird Zeit für ein wirklich offenes Smartphone!
Es wird Zeit für ein Smartphone, bei dem ich entscheiden kann, ob man mich findet, und nicht der Hersteller, bei dem ich entscheiden kann, was ich brauche und was nicht, wo nicht ein Hersteller entscheidet, dass ich keine nackten Frauenbrüste sehen darf, aber die Reden Mussolinis unbedenklich seien. Wenn da dann der Akku noch eine Woche ohne nachladen hält und ich für einen 20er im Monat das nutzen kann, will ich das haben – andernfalls hole ich mir immer, wenn eins kaputtgeht, wieder ein Siemens ME 45 vom Flohmarkt und telefoniere weiterhin dumb statt smart ;-).
So, Dom hat den Faden aufgenommen und seine Gedanken zu meinen gebloggt 😉