Geschenkt ist geschenkt, wiedergenommen ist gestohlen

Probleme digitaler Güter

Dampfradio
Dampfradio

Neulich hörte ich mal wieder bewusst Musik, hatte Spaß an der gerade laufenden Band und wollte das meinem websozialen Umfeld mitteilen. Die Band, durch deren beide Alben ich mich durchgrub, hatte ich auf Jamendo entdeckt, mir von dort auch die Alben legal runtergeladen.

Der Zahn der Zeit

Nun wollte ich andere an meinem Vergnügen teilhaben lassen und suchte die Band auf Jamendo – ohne Ergebnis. Also loggte ich mich dort – nach langer Zeit das erste Mal wieder – ein, um die Band in meinen Favoriten zu finden. Als die Favoriten aufgingen, kam als erstes ein Popup, man habe einige Sachen herausgenommen, weil die entsprechenden Musiker nicht mehr bei Jamendo seien. Auch die von mir gesuchten Alben müssen sich darunter befunden haben – es gibt nur noch einen Artikel über die Band, aber keine Musik mehr. Digitale Fäule, was im Netz steht, verfällt genauso wie Kram, den man draussen stehen lässt.

The Times, They Are-A-Changin‘

Radiorekorder
Radiorekorder

Eine Recherche im Netz ergab, dass die Band weiterhin existiert, einen gewissen Erfolg hat und ihre Musik nun verkauft bzw. auf anderen Kanälen vertreibt. Das ist ihr gutes Recht, zeigt aber ein prinzipielles Problem digitaler Güter auf: die fehlende Beständigkeit. Warum mache ich mir bitte die Mühe, auf Jamendo oder anderswo Favoritenlisten anzulegen, wenn ich die Sachen nach einigen Jahren nicht mehr dort finde? Welchen Sinn macht eine Community, deren Güter nicht sicher sind? Welchen Sinn macht es, nach GEMA-freier Musik zu suchen und diese gegebenenfalls komerziell zu lizensieren, wenn sie diese Freiheit vielleicht wieder verliert? Ist eine Band dazu verurteilt, die Community, die sie supportet und bekannt gamacht hat, zu verlassen, zu verraten, wenn sie dann auch mal Geld verdienen möchte?

Money for Nothing

TV
TV

Digitale Güter haben andere Eigenschaften als physische Güter. Eine dieser Eigenschaften ist ihre Flüchtigkeit. Nun könnte man diese Eigenschaft ja abgelten, dann sind digitale Güter eben signifikant preiswerter. Leider ist das nicht der Fall – ein Rabatt kalkuliert allenfalls die Materialersparnis ein, nicht jedoch die fundamental anderen Eigenschaften. Und das ist zumindest für mich ein Haupthindernis auf dem Weg zum digitalen Gut: ich möchte nicht für einen flüchtigen Einwegartikel (fast) soviel bezahlen wie für ein Medium, was moich möglicherweise den Rest meines Lebens begleiten kann, so ich das wünsche, oder sich zumindest für einen Restwert weiter verkaufen oder verschenken lässt, sollten sich meine Interessen oder Bedürfnisse ändern.

tl;dr

Digitale Güter unterliegen Einschränkungen, die sie weniger wertvoll machen als physikalische Güter. Solange das sich nicht im Preis manifestiert, sind sie mir nicht gleichwertig.

2 Gedanken zu „Geschenkt ist geschenkt, wiedergenommen ist gestohlen

  1. Hallo,

    ich finde es schade, dass es so ist, wie Du beschrieben hast, aber wie Du schon sagtest, es ist ihr gutes Recht, das raus zu nehmen und jetzt zu finanzieren. Aber es ist halt blöd, wenn man gar nicht mehr darauf zurück greifen kann.

    Aber das ist wirklich das beste Beispiel dafür, dass irgendwie alles vergänglich ist. Und die User, die leiden darunter, auch wenn man für den Erfolg dann langfristig bezahlen muss.

    LG

  2. Ich hab mich auch schon ab und zu über ähnliche Probleme mit gekaufter digitaler Musik geärgert. Vor allem, wie du ja schon schreibst, weil sie nicht wirklich günstiger ist als „echte“ Musikkäufe, also CDs. Da muss dringend was passieren, sonst wird sich der illegale Musikmarkt bestimmt wieder verstärken.

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